Traummusik traumhaft gespielt

»Man muss keine großen Musikvorkenntnisse haben, man muss nur sagen: Ist das schön!«, stimmte der ehemalige hr-Posaunist Professor Hans Rückert auf das fulminante Konzert ein. Ob Mozarts 1. Preußisches Quartett, Beethovens Streichquartett in c-Moll oder das Opus 13 des jungen Felix Mendelssohn Bartholdy – sie waren alle drei wunderschön. Mozart nicht zu brav, Beethoven leidenschaftlich, Mendelssohn ausgefeilt. Dazu gab die hervorragende Akustik in der Dankeskirche das nötige Quäntchen Hall, dass die Geigen silbern, Bratsche und Cello transparent klingen ließ.

Nadine Blumenstein und Alexandra Raab, Violine, Stefanie Pfaffenzeller, Viola und Claude Frochaux, Cello, spielten mit ebenso viel Feingefühl wie Vehemenz und voller Esprit. Sie gaben der Dramatik Raum, blieben höchst präsent und präzise. Sie zeigten Perfektion nicht nur in der Technik, sondern auch in der Übereinstimmung. Man hatte das Gefühl, sie erzählten mit ihrem Spiel eine mitreißende Geschichte.

Rückert hatte in einer kleinen Einführung zuvor geschildert, in welchen Situationen die Werke entstanden. Der Wunderknabe Mozart schrieb die preußischen Quartette in großer finanzieller Not und wollte sich 1789 damit dem Cello spielenden Preußenkönig Friedrich Wilhelm II. empfehlen. Der aber empfing ihn nicht einmal. Andere berühmte Cellisten wussten das mehr zu schätzen. Dieses Quartett ist gesanglich angelegt und wird, auch weil es in der Frühlingstonart A-Dur steht, gelegentlich das Frühlingsquartett genannt. Sein besonderer Reiz liegt darin, dass das Cello auf einer Ebene mit der ersten Violine korrespondiert.

So eingestimmt folgte Beethoven, der Zweifler, wie Rückert ihn nannte. Erst in der Lebensmitte näherte sich Beethoven dem anspruchsvollsten Genre der Kammermusik. Im c-Moll Quartett op.18 Nr.4, griff er auf Entwürfe aus seiner Jugend zurück. Zwei Jahre arbeitete er daran, bevor 1800 alle sechs Quartette verlegt wurden und damit symbolisch die Zeit des Streichquartetts im 19. Jahrhundert begann. Die Nummer vier besticht durch orchestrale Klangfülle, die das Brentano-Quartett überzeugend herausholte. Die konzertante Violine von Alexandra Raab glänzte, wie später auch Nadine Blumenstein, mit technischen Finessen.

Mendelssohn hat Beethoven nur um 20 Jahre überlebt und doch eine ganz eigene Art zu komponieren entwickelt. Und weil das Orchester in der Romantik immer größer wurde, agierte er auch als Dirigent. Der »Intellektuelle« schrieb schon als Kind erste Werke, mit 18 Jahren dann das a-Moll Quartett. Hierin verarbeitete er einen Traum von Elfen und Zauberwesen. Romantische Sehnsucht und jugendliche Experimentierfreude neben Bachscher Strenge machen gerade den zweiten Satz besonders originell. Auffallend ist, dass er mehrfach Beethoven zitiert.

Für Geflüchtete vor Ort

Das Brentano-Quartett ist eine Formation des Frankfurter Brentano-Ensembles. Es hat sich vornehmlich auf unbekannte Werke spezialisiert. Die drei Musikerinnen und ihr Kollege weisen zahlreiche Soloauftritte und Preise auf und engagieren sich auch in anderen Ensembles.

Pfaffenzeller war 2019 Mitglied im Orchester der Bayreuther Festspiele. Frochaux gründete 2008 das Monte-Piano-Trio und ist künstlerischer Leiter des Kammermusikfestivals Sylt und Musica+ in Frankfurt. Mit dem Erlös aus dem Benefizkonzert unterstützt der Rotary-Club ukrainische Flüchtlinge in Bad Nauheim und Friedberg.

Quelle: https://www.wetterauer-zeitung.de/wetterau/bad-nauheim-ort78877/traummusik-traumhaft-gespielt-91503650.html